Für alle Choreograf*innen eine Versuchung.

3 Fragen an Tanzdirektorin Mei Hong Lin

PremierenfieberLeSacre

Mit Le Sacre du printemps provozierte Igor Strawinsky einen der größten Skandale der Tanzgeschichte. Tanzdirektorin und Choreografin Mei Hong Lin wächst seit vielen Jahren einer eigenen Interpretation dieses Meisterwerkes entgegen. Gemeinsam mit Chefdirigent Markus Poschner und dem Bruckner Orchester Linz stellt sie sich dieser Herausforderung.

Sie haben lange gewartet, um Le Sacre du printemps zu choreografieren, warum?

Ich kann nur für mich selbst sprechen. Es ist sehr individuell, wann und warum man sich dazu entscheidet, ein bestimmtes Stück zu machen. Für mich zählt nur das, was mich gerade in meinem Leben interessiert, als Grund dafür, ein Stück zu machen. Ich möchte das, was meine Aufmerksamkeit interessiert, umsetzen und auf der Bühne zeigen. So war es auch mit Le Sacre du printemps. Eine komplizierte, aber wahnsinnig aufregende Musik – für alle Choreograf*innen eine Versuchung. Unsere Welt, ist in Veränderung, in Aufruhr, eine Welt, die aus den Fugen zu geraten scheint. Wie gehen die Menschen miteinander um? Werte werden in Frage gestellt. Das hat mich interessiert, in Kunst umzusetzen, da mir diese Entwicklung auch große Sorgen macht. Darum die Entscheidung für Le Sacre du printemps.

Geht man als Asiatin anders mit Le Sacre du printemps um?

Ich bin gebürtige Taiwanesin. Ich gehe mit einem Stück wie Le Sacre du printemps vielleicht etwas freier und unbefangener um, ohne dem reichen europäischen Erbe an Tradition und Aufführungspraxis verpflichtet zu sein, aber dennoch mit großer Wertschätzung. Ich lebe schon so lange in Europa, dass ich fast euro-
päisch denke (lacht). Europa ist meine Wahlheimat. Ich habe mich auch oft bewusst mit „europäischen“ Themen in meinen choreografischen Arbeiten beschäftigt (Anmerkung: z. B. Romeo + Julia, Marie Antoinette etc.).

Was werden wir in „Le Sacre“ sehen?

Einen Doppelabend mit zwei Schlüsselwerken des 20. Jahrhunderts, die zwei sehr unterschiedliche Sichtweisen auf politische und gesellschaftliche Situationen darstellen, einmal am Vorabend des Ersten Weltkriegs bei Le Sacre du printemps und den erschütterten Rückblick auf Tod, Zerstörung und Holocaust am Ende des Zweiten Weltkriegs bei den Metamorphosen. Es ist ein Doppelabend, der nicht die konventionelle Sichtweise der beiden Stücke bedient, vielleicht – und das erhofft man sich immer als Choreograf*in – wird man hinab in die Seele der beiden musikalischen Werke blicken können. Die Thematik des Opfers ist in beiden Stücken für mich entscheidend. Mich interessiert, wann ein Mensch, oder auch eine Gruppe, zum Opfer wird. Jemand ist zu einer falschen Zeit an einem falschen Ort unterwegs und gerät in eine nicht zu kontrollierende Situation. Man kann sich allerdings auch ganz bewusst dazu entscheiden, zum Opfer zu werden oder die Entscheidung treffen, sich zu opfern. Mich interessiert in „Le Sacre“ nicht mehr das Opfer eines Einzelnen für das Kollektiv, sondern das Opfer von Mensch zu Mensch.

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