DIE BÜHNE – EIN SIMULATIONSRAUM
Um die Vorgänge während des Träumens zu verstehen, muss man sich ein Bild von den Vorgängen in unserer Psyche machen. Man kann sich diesen seelischen Apparat modellhaft wie eine Schachtel vorstellen, die zwei Öffnungen hat. Die eine Öffnung empfängt Wahrnehmungen, die andere Erinnerungen. Um diese Traumzeit-Situation bildhaft darzustellen, wurde von dem Künstler Aleksander Kaplun in Kooperation mit TANZ LINZ ein spezielles Bühnenkonzept entwickelt.
Der Bühnenraum ist so konzipiert, dass ein geschlossener Raum für Träume entsteht, in den das Publikum eintauchen kann. Es ist ein Simulationsraum, in dem alles passieren kann – dieser Raum ist alles andere als neutral, denn in sich stets veränderlich. Zusätzlich teilt sich dieser Raum in zwei Sphären: oben die Realität, unten der Traum. So können die Tänzer:innen mit dem Versuch, aus dem Traum auszubrechen, spielen; sei es die Flucht aus einem Albtraum oder auch das Begehren, in einen schönen Traum zurückzufinden.
Über die Bühne wird auch die Dualität des Konzepts vermittelt, des doppelten Bodens oder des doppelten Dachs, das Unbewusste und Bewusste. Die Kostüme hingegen, entworfen von Karin Waltenberger, sind inspiriert von Empfindungen, die beim Träumen entstehen. Materialität und Farbigkeit spielen mit unscharfen, nebelhaften und verschwommenen Assoziationen.
DIE MUSIK UND DIE TRAUMANALYSE
Eine wichtige Rolle spielt die Musik, hier von Aaron Breeze in Zusammenarbeit mit den Choreograf:innen entwickelt und komponiert. Die Musik ist elektronisch und changiert zwischen aufgenommenen und synthetisierten Klängen. Sie ist als Antwort auf Surrealismus und multidimensionale Träume ebenfalls vielschichtig, beginnend mit der Deltawelle, die mit dem Non-REM-Schlaf assoziiert wird. Aaron Breeze beschäftigte sich hier ebenfalls mit Freuds Techniken der Traumanalyse und benutzte diese Wahrnehmungsweise von Träumen als Inspiration. Das Ergebnis dieser Recherche ist Musik, die zwar vertraut klingt, jedoch verzerrt und verändert wurde. Die Klangwelt lehnt sich stark an die Genres Synthwave und Tango an und spielt letztlich mit dieser Gegenüberstellung und Disjunktion.
Mit Traumzeit entsteht ein immersives Erlebnis, das das Publikum einlädt, mit allen Sinnen in die Träume von TANZ LINZ einzutauchen. Bereits zu Beginn von Gerüchen verführt, dürfen sich die Zuschauenden voll auf das Bühnenraumgeschehen einlassen und das eigene Unbewusste erkunden – natürlich nur, soweit er:sie das möchte.