Jetzt mal Klartext

Zur Premiere von Oskar und die Dame in Rosa.

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Oskars Eltern lieben ihr Kind. Doch trotzdem ist Oskar unglaublich wütend auf sie. Sie wissen nicht, wie sie mit Oskar darüber reden sollen, dass er austherapiert ist. „Austherapiert“ heißt leider nicht, dass er genug therapiert wurde und nun gesund ist. Es heißt, dass alle Möglichkeiten genutzt wurden, um ihn zu heilen, und nichts funktioniert hat.

Oskar hat Leukämie. Das ist eine Krebserkrankung, an der man sterben kann, die aber oft auch geheilt wird. Doch „oft“ heißt leider nicht „immer“. Und so ist Oskar wütend, denn niemand redet Klartext mit ihm. Wie es tatsächlich um ihn steht, weiß er, weil er seine Eltern und den Chefarzt belauscht hat – eine denkbar ungute Art, das zu erfahren.

Die einzige Person, die sich traut, mit ihm über das Thema Sterben zu reden, ist Oma Rosa. Sie ist weder seine Oma, noch heißt sie Rosa. Im Krankenhaus, in dem Oskar liegt, ist sie für die Kinder eine der ehrenamtlich arbeitenden Begleiterinnen, die alle an ihrer rosa Kleidung erkennbar sind. „Oma“ heißt sie, weil sie die Älteste von ihnen ist. Auch wenn also kein tatsächliches Familienverhältnis zwischen den beiden zu Grunde liegt, wird sie für ihn tatsächlich zu einer Oma. Das liegt vielleicht an ihren Geschichten über das Catch-Wrestling*, aber vor allem daran, dass sie ihn ernst nimmt.

Ihr vertraut Oskar auch eine andere Enttäuschung an, die er mit seinen Eltern erlebt hat: Als er in der Schule erfahren musste, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt (mit einigem Spott darüber, dass er bis dahin dran geglaubt hatte), behaupteten seine Eltern steif und fest, dass sie das bisher auch immer geglaubt hätten und jetzt ganz überrascht seien, dass dem nicht so ist. Was soll Oskar nun von seinen Eltern denken? Entweder sind sie dumm, weil sie Geschichten glauben, die jedes Volksschulkind irgendwann durchschaut hat, oder sie lügen ihn an, um sich nicht für ihr bisheriges Verhalten rechtfertigen und mit Oskar Klartext reden zu müssen. Er entscheidet sich dafür, sie für dumm zu halten. Es hilft ihm, sich von ihnen zu distanzieren.

Oskar und die Dame in Rosa
Anna Zöch und Jakob Schmölzer | Foto: Philip Brunnader

Aus der Elternperspektive betrachtet ist die Situation natürlich verheerend. Oskars Eltern fühlen sich furchtbar, weil ihr Kind krank ist und sie nicht wissen, wie sie ihm helfen können. Schließlich sind sie selbst mit der Nachricht überfordert, dass ihm auch medizinisch nicht mehr zu helfen ist (außer natürlich damit, ihn in den letzten Wochen gut zu betreuen, was gut und wichtig ist). Sie würden Oskar so gerne schützen. Doch das führt bei ihnen dazu, dass sie ihn unterschätzen.

Glücklicherweise hat Oskar Oma Rosa als Vertraute. Natürlich geht es auch ihr nah, dass dem jungen Burschen nicht viel Zeit bleibt, aber sie hat genug Distanz, um mit ihm Spaß zu haben und zu schauen, was er eigentlich gerade braucht. Zusammen stellen sie sich vor, dass Oskar jeden Tag 10 Jahre älter wird. So kann er jede Menge erleben: Die Pubertät mit ihrem Gefühlschaos, die erste große Liebe zu Peggy Blue (einem anderen Kind auf der Station), Rivalität zwischen Freunden und wie es ist, als „Erwachsener“ Dummheiten zu machen. Er versteht schließlich, dass die Situation nicht nur für ihn, sondern auch für seine Eltern schmerzhaft und schwierig ist und kann sich – so viel sei verraten – mit ihnen versöhnen. Und das ist schließlich für alle ein großes Glück.

 

* Catch-Wrestling entstand nach und nach auf Jahrmärkten, auf denen gerne ein Mitglied der umherziehenden Jahrmarktstruppe die lokalen Champions im Ringen herausforderte (oder jede:n, der:die sich beweisen wollte). So entwickelte sich das Catch-Wrestling (oder auch „Catch-as-Catch-Can“) aus verschiedenen Kampfstilen und Regeln. Gewonnen hatte (in der Regel), wer den:die Gegner:in mit beiden Schultern am Boden festhielt (das „Pinnen“) oder durch verschiedene Haltegriffe zur Aufgabe drängte – im klassischen Ringen dagegen wird ein Kampf durch Pinnen oder Sieg nach Punkten entschieden. Catch-Wrestling gibt es immer noch, es hat sich aber auch zu dem so genannten Mixed-Martial-Arts-Kampf weiterentwickelt, einer sehr brutalen Kampfform, in der fast alle Schläge und Tritte erlaubt sind.

Oskar und die Dame in Rosa
Anna Zöch und Jakob Schmölzer | Foto: Philip Brunnader

AUFRUF STAMMZELLENSPENDE

Eine gängige und oft erfolgreiche Behandlungsmethode bei Leukämie ist die Stammzellentransplantation. Ob Oskar eine solche bekommen hat, verrät uns der Autor nicht. Vielleicht wurde bei ihm kein:e passende:r Spender:in gefunden – etwa 20 % aller Menschen, die eine Stammzellenspende bräuchten, geht das leider so. Aber die gute Nachricht: Je mehr Menschen sich als Stammzellenspender:in registrieren, desto größer sind die Chancen der Betroffenen auf Heilung.

Informationen unter roteskreuz.at/ich-will-helfen/faqs-stammzellspende

Wenn ihr könnt, macht mit. Ihr könnt damit Leben retten!

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