Alien auf Sinnsuche – David Bowies Musical „Lazarus“ im Musiktheater

Lazarus

Dieses Musical ist randvoll mit Bowie-Klassikern wie „Absolute Beginners“, „Heroes“, „This is not America“, „Changes“ & „All the Young Dudes“.

Seit Ende September erfüllen zeitlose David-Bowie-Songs, sphärische Klänge und aus vier Hochleistungsgeräten projizierte geheimnisvolle Visuals das Musiktheater. Sie gehören zu dem neuen Musical „Lazarus“, das in der Regie von Johannes von Matuschka von dem mehrfach preisgekrönten Musicalensemble des Landestheaters gezeigt wird. „Lazarus“ wurde Ende 2015, wenige Wochen vor Bowies Tod, in New York mit Michael C. Hall uraufgeführt. Das schon jetzt nicht nur von Fans kulthaft verehrte Stück enthält neben Klassikern wie „Absolute Beginners“, „Heroes“ und „This Is Not America“ auch mehrere eigens von Bowie komponierte Tracks.

Der Außerirdische Thomas Jerome Newton (Riccardo Greco) ist auf die Erde gekommen, um Wasser für seinen ausgedörrten Heimatplaneten zu beschaffen. Viele Jahre später sitzt er noch immer auf dem ihm so fremden Planeten fest – depressiv, alkoholabhängig, todessehnsüchtig. Erst als eine junge namenlose Frau (Hanna Kastner) in sein Leben tritt, regt sich in ihm Hoffnung auf eine Rückkehr zu den Sternen.

Bowie und sein Ko-Autor Enda Walsh erzählen keine geradlinige Geschichte, sondern gestalten um den einsamen „Migranten“ aus dem All eine Innenschau seiner Fantasiewelten. Und wenn es um die künstlerische Visualisierung von Fantasiewelten geht, gibt es in Linz eine internationale Kapazität: das Ars Electronica Futurelab. Das Forschungs- und Entwicklungslabor konzentriert sich auf Projekte, bei denen sich Kunst und Technik wechselseitig inspirieren. Futurelabs Senior Director Horst Hörtner musste nicht lange überzeugt werden – das Thema erschien ihm geradezu ideal für die künstlerischen Möglichkeiten, die das „Lab“ in den letzten Jahren entwickelt hat. „Lazarus“ ist in enger Zusammenarbeit mit dem Regieteam mit neuartigen visuellen Effekten versehen worden, nicht effekthascherisch, sondern als Veranschaulichung der komplexen Gefühlswelt seiner extraterrestrischen Hauptfigur.

Auch wenn wir meinen, dass es noch nie so schwierige Zeiten in Politik und Gesellschaft gab wie heute, lehrt uns der Blick in die Geschichte, dass das mitnichten so ist; es ist wohl ein wenig so wie bei der „gefühlten Temperatur“: wir glauben oder fühlen oder meinen, dass die WELT AUS DEN FUGEN sei, und suggerieren dabei unbewusst, dass sie das bis dato nicht gewesen sei. Wie sind die Menschen schon immer damit umgegangen, dass sich ihre Welt, ihr Weltbild scheinbar schlagartig veränderte: wie es zur Umwertung aller Werte (Friedrich Nietzsche) kommen konnte. Aus Liebe wird aus Treue Verrat („Tristan und Isolde“), aus Jenseits wird Diesseits („Lazarus“), die Innenwelt wird zur Außenwelt („Die Wand“), aus Einsamkeit wird Gemeinschaft („Simon“) oder aus Macht wird Leben zum Tod („Macbeth“). Theater ist eine Zeitmaschine, eine Möglichkeitsmaschine, die Gegenwart und Wirklichkeit außer Kraft zu setzen vermag und gleichzeitig neu verstehen lässt. Davon erzählen wir in dieser Spielzeit.

Hermann Schneider Intendant Landestheater Linz

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