Und auch im vergangenen Jahr wurden bis Anfang November bereits 26 Frauen ermordet, neben 38 Mordversuchen bzw. weiteren Fällen schwerer Gewalt an Frauen. Jeden Monat verlieren hierzulande also etwa drei Frauen ihr Leben, weil ein Mann darüber verfügt. Damit liegt Österreich im unrühmlichen europäischen Spitzenfeld.
Das Delikt, um das es sich hier handelt, hat einen Namen: Femizid. Der Begriff ist angelehnt an das englische Wort für Mord, homicide, und das lateinische Wort für Frau, femina. Im England des frühen 19. Jahrhunderts wurde er bereits vereinzelt für Frauenmorde verwendet. Die US-amerikanische Sozialwissenschaftlerin und Aktivistin Diana E. Russell verlieh ihm ab 1976 die politische Prägung, indem sie ihn in den Kontext der jahrhundertelangen patriarchalen Unterdrückung von Mädchen und Frauen rückte. Femizid als Ausdruck und tödlicher Höhepunkt von Frauenverachtung und strukturellem Sexismus.
Die Salzburger Autorin und Dramatikerin Anna Neata (*1987) beschäftigt sich in ihren Texten immer wieder mit der Frage, wie Glück möglich ist in einer Welt, die weiblich gelesenen Personen von klein auf starre Rollen zuschreibt und Selbstaufgabe abverlangt. Ihr Debüt Oxytocin Baby – ein bestechender Text über Schwangerschaft und Mutterschaft, Geburtenkontrolle und Selbstbestimmung – wurde 2020 mit dem Hans-Gratzer-Stipendium ausgezeichnet und zum 39. Heidelberger Stückemarkt eingeladen.
Für ihre zweite Bühnenarbeit Über die Notwendigkeit, dass ein See verschwindet nimmt sich Anna Neata nun die vermeintlich heile Welt des österreichischen Urlaubsidylls vor, hinter deren Fassaden sich die Frauenfeindlichkeit Bahn bricht. Herausgekommen ist ein so abgründiges wie aberwitziges Stück, das die Themen globale Erwärmung, Tourismus und Femizide miteinander verbindet.