Poetisch, intensiv, überraschend

Andrey Kaydanovskiy erkundet mit TANZ LINZ das Innenleben des größten Dramatikers aller Zeiten – William Shakespeare.

PremierenfieberTanzLinzShakespearesDream

Nach dem großen Erfolg seiner Interpretation von Dornröschen kehrt der renommierte Choreograf Andrey Kaydanovskiy mit einer neuen Kreation für TANZ LINZ ins Musiktheater zurück. Kaydanovskiy war 15 Jahre lang Tänzer und Demisolist des Wiener Staatsballetts und ist international gefragt für seine bildstarken Arbeiten zwischen Klassik und Gegenwart – u. a. für das Wiener Staatsballett, das Bayerische Staatsballett, wo er Hauschoreograf war, das Ballett am Rhein, Deutsche Oper am Rhein, Czech National Ballet sowie National Theatre Prag. In Shakespeare’s Dream, einem abendfüllenden Tanzstück in zwei Akten, begibt sich Kaydanovskiy auf eine Reise ins Innenleben eines der bedeutendsten Schriftsteller der Welt: William Shakespeare.

Doch diesmal stehen nicht die berühmten Figuren im Mittelpunkt, sondern der Mensch dahinter: der Dichter, der Erfinder, der Getriebene. Was bleibt von einem Künstler, wenn seine Kreaturen ein Eigenleben entwickeln? Und wie viel von dem, was wir über Shakespeare zu wissen glauben, ist reine Projektion?

Kunst als Prozess

Shakespeare wird hier nicht durch seine Stücke gezeigt, sondern über den schöpferischen Prozess. Im Zentrum steht nicht das Werk als Produkt, sondern die Kunst als Akt des Erfindens. Was ist ein Künstler ohne seine Kunst? Was bleibt vom Schöpfer, wenn seine Geschöpfe eigenständig weiterleben? Bekannt für seine erzählerische Präzision und bildstarke Handschrift, verwebt Kaydanovskiy in seiner neuen Kreation Elemente des Meta-Theaters, stilisierte Sprachfragmente und eine körperlich dichte Bewegungssprache zu einem Stück zwischen Realität und Fiktion. Ausgangspunkt sind die unzähligen ikonischen Todesfälle in Shakespeares Werken – doch das eigentliche Drama entfaltet sich im kreativen Prozess selbst.

Andrey Kaydanovskiy
Andrey Kaydanovskiy | Foto: Philip Brunnader

Das Ringen mit den Gestalten

Vom ersten Geistesblitz bis zum Tod des Autors widmet sich der erste Akt dem inneren Ringen Shakespeares mit Sprache, Figuren und szenischer Komposition. Die 16 Tänzer:innen von TANZ LINZ verkörpern nicht nur seine Gestalten – sie werden selbst zum Schreibprozess: Sie flüstern, kämpfen, zerreißen, verwandeln sich. Archetypen wie Lady Macbeth, Hamlet oder Puck tauchen auf – entworfen, verworfen, neu zusammengesetzt. Shakespeare wird zum Regisseur seines eigenen Chaos, bis ihn schließlich der Tod – sein häufigstes Motiv – selbst ereilt.

Wenn das Werk sich löst

Im zweiten Akt lösen sich Werk und Autor voneinander. Shakespeare findet sich in einem Kunstraum wieder; seine Kreaturen führen ein Eigenleben, seine Worte klingen weiter – ohne ihn. Er wird zum Schatten seiner selbst, zum Protagonisten seiner eigenen Legende. Die Figuren tanzen ihn, das Publikum erkennt ihn – aber nicht mehr als Mensch, sondern als Mythos.

TANZ LINZ Probe
TANZ LINZ | Foto: Philip Brunnader

Zwischen Traum und Vergänglichkeit

Shakespeare’s Dream ist ein Stück Schöpfung, Illusion, Vergänglichkeit und Selbstverlust – über das fragile Verhältnis zwischen Kunst und Autor. Zwischen Humor und Abgrund, barocken Zitaten und zeitgenössischer Bildsprache hinterfragt Kaydanovskiy, wie Geschichten entstehen – und warum wir sie glauben. Mit dieser Neuproduktion beweist TANZ LINZ erneut seine künstlerische Wandlungsfähigkeit. Ein Abend, der sich nicht mit Antworten begnügt, sondern weiterfragt – poetisch, intensiv, überraschend.

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