Sidi Larbi Cherkaoui ist ein Visionär, dessen Werke die Grenzen von Tanz, Musik, Architektur und Theater sprengen. Der belgische Künstler mit marokkanischen Wurzeln hat sich als eine der einflussreichsten Stimmen des zeitgenössischen Tanzes etabliert.
Sidi Larbi Cherkaoui entzieht sich einer einfachen Beschreibung. Er ist Choreograf, Opernregisseur, Tänzer, Komponist, Pianist, Zeichner … und ein Künstler, der in verschiedenen Disziplinen und auf diversen Plattformen arbeitet – darunter Kino, Broadway, Musikvideo, Oper, Museum und Community Art. Der Direktor des Balletts des Grand Théâtre de Genève trat zunächst als verblüffend geschmeidiger Tänzer in Erscheinung und unmittelbar danach als produktiver Choreograf mit der bemerkenswerten Fähigkeit, ganz eigene Welten zu schaffen, in denen Bewegung, Musik und Architektur nahtlos ineinander übergehen. Seine Choreografien verbinden Virtuosität mit emotionaler Tiefe und einer außergewöhnlichen Sensibilität für interkulturelle und interdisziplinäre Dialoge.
Cherkaoui, künstlerischer Leiter der von ihm 2010 gegründeten Kompanie Eastman, war zwischen 2015 und 2022 Direktor des Ballet Vlaanderen und ist assoziierter Künstler am Londoner Sadler’s Wells sowie am Théâtre National de Bretagne. Seine Karriere als Ballettchoreograf begann vor mehr als fünfzehn Jahren. Die erste Einladung in den Bereich des westlichen klassischen Tanzes kam von Jean-Christophe Maillot und Les Ballets de Monte- Carlo, für die er In Memoriam (2004) kreierte. Weitere Werke und denkwürdige Begegnungen mit Ballettkompanien in ganz Europa folgten, wie zum Beispiel: Loin (2005, Grand Théâtre du Genève), End (2006, Cullberg Ballet), Labyrinth (2011, Dutch National Ballet), Boléro (2013, Paris Opera Ballet, mit Damien Jalet und Marina Abramović) sowie Medusa (2019, Royal Ballet, London).
Cherkaouis Opernarbeiten umfassen u. a. die Choreografie für Guy Cassiers’ Inszenierung von Der Ring des Nibelungen (2010–2013) an der Mailänder Scala. Seine Vorliebe für spartenübergreifende Projekte führte zu Kooperationen mit Künstler:innen wie Marina Abramović, Hedi Slimane und Musiker:innen wie A Filetta und Woodkid. Auch Film und Popmusik prägen sein Schaffen: Er arbeitete mit Joe Wright an Anna Karenina (2012) und Cyrano (2022), choreografierte für Beyoncé (u. a. Spirit, 2019) und debütierte am Broadway mit Jagged Little Pill (2019), was ihm als erstem Belgier eine Tony-Nominierung einbrachte. Zuletzt setzte er Starmania (2022) neu in Szene und war an Madonnas Celebration-Tour (2023) beteiligt.
Mit Ihsane, seiner neuesten akklamierten Arbeit, beobachtet er, wie sich die Welt in einem nie endenden Zyklus von Zerstörung und Wiedergeburt verändert. Für über 50 Choreografien wurde Cherkaoui vielfach ausgezeichnet, darunter mit zwei Olivier Awards und dem Kairos-Preis. 2023 wurde er als erster Belgier nordafrikanischer Herkunft zum Baron ernannt.
Ein großer Schritt für TANZ LINZ: Sidi Larbi Cherkaoui, der international gefeierte Choreograf, präsentiert zwei seiner Meisterwerke und sorgt für einen außergewöhnlichen Tanzabend im Musiktheater. Bereits zuvor gastierte Sidi Larbi Cherkaoui mehrfach in Österreich mit seiner eigenen Kompanie Eastman. Doch diese Zusammenarbeit ist ein Novum: Zum ersten Mal arbeitet der Choreograf direkt mit einer österreichischen Kompanie und erarbeitet gemeinsam mit seinem Team gleich zwei Werke.