Zwischen Angst, Mut und Hoffnung: Ein Blick hinter die Kulissen von „Die Brüder Löwenherz“

Interview mit Levi R. Kuhr über seine Rolle als Karl (Krümel) Löwenherz.

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Krümel ist krank. So krank, dass er sterben muss. Sein großer Bruder Jonathan weiß das und lindert die Angst, indem er Geschichten erzählt. Von Nangijala – wohin Menschen gehen, die so krank sind wie Krümel und die dort wieder ganz gesund sind und Abenteuer erleben. Doch dann kommt alles etwas anders, denn Jonathan geht vor nach Nangijala. Als Krümel ihm folgt, müssen die Brüder all ihren Mut zusammennehmen, um ihr neues Zuhause, das Heckenrosental, gemeinsam mit seinen Bewohner:innen vor Tengil und seinen Häschern zu retten. Es beginnt ein wildes Abenteuer um Freiheit und Gerechtigkeit, aber vor allem braucht es dazu ganz viel Mut und die Liebe der Brüder zueinander.

Levi R. Kuhr spielt im Stück die Rolle des Krümel. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie er sich auf seine Rolle vorbereitet hat und was die Figur des Karl (Krümel) Löwenherz für ihn persönlich bedeutet.

Wie gehst du mit der emotionalen Herausforderung um, die die Rolle Karl Löwenherz mit sich bringt?

Es ist ehrlicherweise eine schöne spielerische Aufgabe auch mal in große Angst oder in ein extremes Leiden zu gehen, bei allem, was dem kleinen Karl da widerfährt. Und
dennoch gibt es auch viel Potenzial für Humor in den Szenen, da gilt es dann herauszufinden, wie viel verträgt zum Beispiel so eine Szene mit Kader und Veder, in der sie Karl die ganze Zeit herumreißen und eigentlich gar nicht gut behandeln. Das ist schon eine schöne, aber auch große Herausforderung.

Was bedeutet dir die Rolle persönlich?

Das geht tatsächlich so in zwei Richtungen: Zum einen bin ich selbst großer Bruder. Ich habe viel Empathie für Jonathan und die Aufgabe, die ihm da zufällt und der er irgendwie Herr werden muss. Gleichzeitig habe ich vor Probenbeginn das Buch gelesen, wo ja alles, was der kleine Karl fühlt, auf gut 200 Seiten beschrieben ist, und man ihm so noch mal viel näherkommt. Ich war überrascht, was der Junge alles durchmachen muss und irgendwann habe ich gedacht: „Okay, ich nehme dich jetzt zu mir und passe auf dich auf. Gemeinsam gehen wir durch diese Geschichte, dieses Stück und am Ende nach Nangilima.“

Wie würdest du die Beziehung zwischen Karl und Jonathan beschrieben? Gibt es etwas, wo du dich selbst wiederfindest?

Ja, auf jeden Fall! Ich glaube, je nachdem wie groß auch der Altersunterschied ist, haben die älteren Geschwister immer einen kleinen Vorsprung was die Lebenserfahrung betrifft. Der Balanceakt ist, und das zeigt Jonathan wunderbar in der Geschichte, das Geschwisterkind zu beschützen und gleichzeitig auch nicht zu sehr zu schonen. In dem Fall der beiden Brüder ist es Fakt, dass Karl sterben wird, daran gibt es nichts zu ändern. Jonathan findet einen Umgang damit, der die Lebensfreude nicht einbüßt und Fantasie und Realität in Einklang bringt, sodass man die Hoffnung nicht verliert. Und das ist eine Fähigkeit, die ich an Jonathan sehr bewundere und von der ich hoffe, dass ich sie auch bis zu einem gewissen Grad an meine jüngere Schwester weitergeben kann.

Du hast gerade das Thema Hoffnung angesprochen. Was wünschst du dir, was die Besucher:innen aus dieser Inszenierung mitnehmen?

Es wäre cool, wenn man aus diesem Stück mitnimmt, dass es total okay ist, Angst zu haben. Sie erfüllt eine wichtige Funktion, zum Beispiel, dass man sich nicht unnötig in Gefahr begibt. Gleichzeitig muss man aufpassen, dass man sich nicht von der Angst völlig vereinnahmen lässt. Jonathan hat diesen einen Satz in dem Stück „Man muss der Angst in die Augen schauen, sonst kriecht sie in einen hinein und man kann die Welt nur noch durch ihre Augen sehen.“ Ab und zu muss man sich der Angst stellen. Gerade in den heutigen Zeiten muss den Tengil-Männern dieser Welt etwas entgegengestellt werden.

Was ist für dich das absolute Highlight dieser Inszenierung?

Wir erzählen eine Geschichte, die sehr viele Aspekte hat – über wahnsinnig berührend, traurig, dramatisch, unfassbar actionreich bis hin zu komödiantisch.
Die geniale Bühne, die Carla Nele Friedrich uns da gezaubert hat, ist ein absolutes Highlight.
Sie hat so viele verschiedene Ebenen, die wir bespielen können und hey – es gibt eine eigene Kletterwand! In der ganzen Inszenierung gibt es unglaublich viele kleine Details, in denen man die eigenen Kindheitsträume ausleben und erleben darf, das macht wirklich großen Spaß.

Kannst du kurz den Probenprozess beschreiben?

Jakob (der Jonathan spielt), unser Regisseur Jens Kerbel und ich haben uns zu Beginn getroffen und sind einmal grob durch das Stück gegangen. Wir haben uns
ausgetauscht und geschaut, was wir mit unseren jeweiligen Figuren erzählen wollen und was Jens gerne sehen möchte. Danach sind wir, in unserem Falle in einem sehr rasanten Tempo, durch das Stück gegangen und haben alle Szenen einmal durchgestellt. In den Endproben haben wir dann an Feinheiten gearbeitet, zum Beispiel am Timing in den Szenen, reibungslosen Übergängen, oder an der Abstimmung mit der Licht- und Tonabteilung.

Die Brüder Löwenherz
Levi R. Kuhr | Foto: Philip Brunnader

Kannst du mit dem Gedanken etwas anfangen, dass es eine Welt, einen Ort nach dem Tod gibt?

Ich glaube, das Schöne an diesem Gedanken ist, dass jeder Mensch etwas finden kann, was ihm am Ende des Tages Hoffnung gibt. Das ist ein Gedanke, den man sich nah am Herzen halten sollte. Ich hoffe ja auf viel Ruhe und eher weniger Abenteuer (lacht).

Wie würdest du die Entwicklung von Karl beschreiben?

Karl ist ein sehr feines Wesen mit einem großen Herzen. Er handelt vor allem impulsiv. Karl reagiert ständig auf das, was ihm widerfährt mit einem sehr klugen Kopf und einer großen emotionalen Intelligenz. Als die beiden Tengil-Männer ihn aufschnappen und er gefragt wird, wo er denn wohnt, antwortet er: „Im Heckenrosental“ – weil er weiß, so gelangt er zu Jonathan. Er besitzt unheimlich viel Mut und das über das gesamte Stück hinweg. Ich meine, er ist 9 Jahre alt. Karl schafft es unmögliche Hindernisse zu überwinden. Für mich ist er am Anfang genau so mutig wie am Ende.

Gibt es eine Szene, die dir besonders viel bedeutet?

Die Anfangsszene der beiden Brüder ist für mich wahnsinnig berührend, besonders da auch ein bisschen in dieses Trotzige zu gehen und zu sagen: „Aber ich will nicht dahin – ich möchte da sein, wo du bist Jonathan.“ – das erzählt schon so viel über die Beziehung der beiden. Natürlich sind die Szenen mit Veder und Kader zwischendrin höchst amüsant, auch wenn ich leider nicht mitlachen darf. Und die Szene am Ende mit Jakob kostet zwar viel Kraft, aber wenn dann das Licht ausgeht und man weiß, man hat es wieder zusammen geschafft – das ist ein sehr, sehr schöner Moment.

Welche Frage würdest du gerne mal in einem Nachgespräch stellen?

Mich würde tatsächlich interessieren, was die Kinder und Jugendlichen nicht verstehen. In dieser Inszenierung passiert in so kurzer Zeit so viel – da hätte ich volles Verständnis dafür, wenn nicht alles direkt morgens um 10.30 Uhr verstanden und begriffen wird. Des Weiteren fände ich es spannend zu erfahren, ob Nangilima überhaupt ein Thema ist und was die Assoziationen dazu sind.

Levi R. Kuhr und Jakob Schmölzer
Levi R. Kuhr und Jakob Schmölzer | Foto: Philip Brunnader

Eine abschließende Frage: Wie entspannst du dich nach der Vorstellung?

Ich bin meistens nach der Vorstellung bei meinen Kolleg:innen oder komme kurz mit meinem Spielbruder Jakob zusammen. Oft sitze ich auch mit meinen beiden Mitspielerinnen Alexandra und Gemma in unserer Garderobe und lasse alles Revue passieren. Auf dem Weg nach Hause höre ich dann meistens Musik.

Danke für das Interview, lieber Levi!

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